Patriarchale Unterdrückung und Arbeitsteilung
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts finden wir eine Gesellschaft vor, in der einige Wenige sich auf Kosten Vieler bereichern, in der Wenige über das Leben und die Zeit der Vielen bestimmen, in der die Jagd nach Profit alle Lebensbereiche erfasst hat und in der Frauen noch immer unter alten Unterdrückungsverhältnissen leben. Die Grundlagen dieser Verhältnisse, die Fundamente von Kapitalismus und Patriarchat beginnen mit der Geschichte der Arbeit und ihrer Verteilung.
Mit zunehmender Teilung der Arbeit konnte effektiver und mehr produziert werden und umgekehrt, die gestiegene Produktivität ermöglichte weitere Arbeitsteilung: Eine entscheidende Arbeitsteilung war die der Teilung in "Frauen-" und "Männerarbeit". Dabei wurden Männer in Produktionen tätig, in denen der technische Fortschritt vorangetrieben wurde, die zunehmend außerhäuslich in eigenen Produktionsstätten erfolgten und Einkommen ermöglichten, während Frauen die Arbeiten rund ums Haus und die Verantwortung für die Sorge und Pflege aller Familienmitglieder zugewiesen wurden, also Arbeiten ohne Einkommen. Bis heute erfährt die traditionelle "Männerarbeit" eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung, während Arbeit, die traditionell als "Frauenarbeit" gilt, weniger geschätzt und gar nicht oder schlechter entlohnt wird.
Mit zunehmender Produktivität wurde es möglich, eine immer größere Zahl von Menschen von der Gemeinschaft mit zu versorgen. Zugleich aber gelang es einem Teil, sich die Arbeit anderer nutzbar zu machen, über deren Zeit zu verfügen, ihnen Tätigkeiten vorzuschreiben und somit Klassen- und Herrschaftsverhältnisse zu begründen. Diese hierarchische Arbeitsteilung wurde zur Voraussetzung der Unterdrückung der Frauen. Mit der arbeitsteiligen Familie wurden Frauen und Kinder Eigentum des Mannes, der über die Arbeitskraft und den Körper der Frau verfügte. Bis heute sind Eigentums- und Klassenverhältnisse eng mit der patriarchalen Familie verwoben.
Patriarchale Unterdrückung gab es lange vor der Einführung kapitalistischer Produktion. Doch auch im Kapitalismus ist die Unterdrückung der Frau, das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern in den ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Strukturen fest verankert und wird zur Sicherung der Verhältnisse genutzt. Die erfolgreiche Verbreitung des Kapitalismus in alle Lebensbereiche und alle Winkel der Erde gelingt, indem tradierte Produktionsweisen und bisher nicht kapitalistisch organisierte Bereiche verdrängt oder kapitalistisch übernommen werden. In der Phase der Industrialisierung wurde die Arbeitskraft der Frauen so massiv ausgenutzt, dass schließlich sogar die Reproduktion der nächsten Generation gefährdet war. In der nachfolgenden Phase wurden Frauen für die Wiederherstellung der Arbeitskraft des Familienernährers und die Erziehung der nächsten Generation zuständig, während Männern der Erwerbsbereich zugeordnet wurde, im Gegenzug für ein Einkommen, das die ganze Familie ernähren sollte, aber oft nicht ausreichte.
Bis heute leisten Frauen den Großteil der Haus- und Familienarbeit. Die westdeutsche Nachkriegsordnung war geprägt vom Ideal der Hausfrauenehe, die bis heute steuerlich begünstigt wird. Frauen waren in der Erwerbsarbeit gar nicht oder bestenfalls in der Rolle der "Zuverdienerin" vorgesehen, die ökonomisch vom "Familienernährer" abhängig blieb. In der DDR waren Frauen im hohen Maße in die Erwerbsarbeit integriert, häufig auch in traditionellen "Männerberufen" mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit. Es gab einerseits eine deutlich bessere Infrastruktur und eine deutlich bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Anderseits waren jedoch Haus- und Familienarbeiten grundsätzlich nicht anders verteilt. Zahlreiche Frauen hatten Leitungsfunktionen inne, in den höchsten Führungsgremien waren sie jedoch nicht angemessen vertreten. Bis heute sind Frauen in deutlich größerer Zahl in prekärer Beschäftigung, zu niedrigeren Löhnen und in Teilzeit erwerbstätig.
Das vorherrschende ernährerzentrierte Modell der Arbeits- und Familienbeziehung beruhte auf der Selbstverständlichkeit der Heterosexualität. Lesben, Schwule, Trans- und Intersexuelle sowie Transgender haben bis heute mit ständigen Diskriminierungen im Erwerbsleben zu kämpfen, zumeist müssen sie ihre Sexualität und ihre Beziehungsform verheimlichen, um berufliche Aufstiegsmöglichkeiten zu erreichen.