Antworten zu den Wahlprüfsteinen des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa)

1 Pflege in M-V braucht die privaten Anbieter

Frage                 

Wie wollen Sie zukünftig einen fairen Wettbewerb zwischen wohlfahrtlichen, kommunalen und privaten Anbietern sicherstellen?

 

Antwort             

Sollte die Frage auf die Vergütung abzielen, so wird diese für jeden Pflegedienst und das in der Vergütungsvereinbarung bezeichnete Gebiet zwischen dessen Trägern, den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart.

Als eine der wenigen Webseiten im Internet weist der BKK-Pflegefinder (https://www.bkk-pflegefinder.de/preisvergleich) auch die Punktwerte für ambulante Dienste sowie die Heimentgelte für die stationäre Altenpflege aus. Danach liegen die Punktwerte und die Entgelte privater Altenpflegeeinrichtungen keinesfalls durchgängig unter denen von Wohlfahrtseinrichtungen oder kommunalen Trägern.

Im Unterschied zur gegenwärtigen Landesregierung aus SPD und CDU, die keine Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Punktwerte sieht (Drs. 6/3961), wäre die LINKE in Regierungsverantwortung bereit, die Chancen für regional oder sogar bundesweit einheitliche Punktwerte zu prüfen. Der Abschluss einheitlicher Stundensätze für die Grundpflege in den Bundesländern Bremen, Niedersachsen und Brandenburg für die von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Hauskrankenpflege vertretenen Pflegedienste zeigt unseres Erachtens, dass Alternativen möglich sind.

 

Frage             

Wie sehen Sie dabei die künftige Rolle der privaten Anbieter zur Sicherstellung der Versorgung Pflegebedürftiger in M-V unter Berücksichtigung der kommunalen Pflegesozialplanung?

 

Antwort           

Um die Versorgung Pflegebedürftiger in Mecklenburg-Vorpommern sicherzustellen, sollten Politik und Träger weiterhin auf eine breite Angebots- und Trägervielfalt setzen.

Die Linksfraktion tritt im Landtag dafür ein, die Pflegesozialplanung in eine qualifizierte integrierte Sozialplanung zu überführen, die möglichst viele sozialen Bedarfe in den Regionen, die Versorgungsmöglichkeiten und deren Entwicklung berücksichtigt. Für diese erweiterte Sozialplanung und die Entwicklung bedarfsgerechter, ambulanter und personenzentrierter Angebote in Wohnortnähe sollten die Regionen Vorgaben und Empfehlungen von der Landesregierung, eine angemessene Anschubfinanzierung für den Strukturaufbau sowie dauerhaft aufgabengerechte und möglichst prospektive Finanzzuweisungen erhalten.

Die Pflegesozialplanung der Landesregierung fasse lediglich die Versorgungsdaten der Kommunen zusammen und nehme diese als Grundlage für unverbindliche Empfehlungen. Dieses Vorgehen ist keine Steuerung und wurde auch von Gutachtern, wie dem Diakonischen Werk und dem Landesseniorenbeirat, in ihren Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung im Sozialausschuss scharf kritisiert.

Wenn die Landesregierung die Versorgungslandschaft tatsächlich im positiven Sinne lenken will, muss sie Vorgaben entwickeln. Es reicht nicht aus, die Zielstellung der Sozialgesetzbücher „ambulant vor stationär“ schlicht zu wiederholen, die Kommunen müssen dafür auch entsprechende Anreize erhalten. Andere Bundesländer machen es vor und fördern den Aufbau einer vorrangig ambulanten, personenzentrierten Versorgung beispielsweise durch Anschubfinanzierung. Den Kommunen wäre schon geholfen, wenn sie für ihre Sozialaufgaben Planungssicherheit erhielten. Dafür ist eine aufgabengerechte und zeitnahe Finanzierung erforderlich.

 

Frage              

Welche Maßnahmen planen Sie zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung im ländlichen Raum?

 

Antwort           

Zur Sicherung der Versorgung, insbesondere in stadtfernen, ländlichen Gebieten, sollten die entsprechenden Empfehlungen der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ umgesetzt werden. Sie orientieren auf die Schaffung integrierter Sozialräume, die dem Leitbild eines sich kümmernden Gemeinwesens (caring community) verpflichtet sind. So wird beispielsweise von den Landkreisen gefordert, dass sie Aspekte der Daseinsvorsorge und der Teilhabe älterer Menschen (z.B. Mobilität, Begegnungsangebote) in ihre Pflegesozialplanung integrieren und diese so zu einem seniorenpolitischen Gesamtkonzept ausbauen.

2 Zeit für Pflege und nicht für Bürokratie - M-V braucht keine Pflegekammer

Frage                 

Wie positionieren Sie sich zur Schaffung einer Pflegekammer in M-V?

Was kann aus Ihrer Sicht eine Pflegekammer für die Verbesserung der Situation der Beschäftigten in der Pflege in M-V konkret leisten?

Wie hoch sollte der Zwangsmitgliedsbeitrag sein?

Antwort             

Die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern hält die Einführung einer Pflegekammer im Land für eine veraltete Struktur, die keine Probleme löst. Angesichts der am 10.2.2016 beschlossenen Einführung einer Pflegekammer in Niedersachsen sagte die pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Karen Stramm, in einer Presseerklärung: „Das Hauptargument der Befürworter einer Pflegekammer ist immer, auch in Mecklenburg-Vorpommern, dass dadurch das berufspolitische Engagement gefördert und die Pflege aufgewertet werden würde. Beides sind Trugschlüsse. Von einer Aufwertung der Pflege erwarten die Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen und auch eine bessere Entlohnung. Das hat der Bericht des Zentrums für Sozialforschung zur Situation der Pflegeberufe in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Auf die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung hat eine Pflegekammer jedoch keinen Einfluss. Sie ist weder Tarifvertragspartei noch Partner bei den Pflegesatz- und Gebührenverhandlungen mit den Kranken- und den Pflegekassen.

Eine Pflegekammer entscheidet auch nicht über die Aus- und Weiterbildung. Das regeln bislang Bundes- und Landesgesetze und für eine qualitativ hochwertige Pflege sollte dies auch weiterhin staatliche Aufgabe bleiben.

Eine Pflegekammer wäre eine weitere Organisation mit unklaren Handlungskompetenzen. Sie wäre verpflichtend für den Berufsstand. Alle 29.000 Pflegekräfte wären, ob sie es wollen oder nicht, Mitglied der Kammer und sie wären in Höhe von 120 Euro pro Jahr beitragspflichtig.

3 Fachkräftemangel in der Altenpflege in M-V bekämpfen - Nein zur Generalistik

Frage              

Wie positionieren Sie sich zur generalistischen Pflegeausbildung?Wie wollen Sie sicherstellen, dass im Zuge einer möglichen Einführung der Generalistik in M-V nicht immer weniger Fachkräfte für die Altenpflege zur Verfügung stehen?

 

Antwort           

Altenpflege ist ein nützlicher, sinnvoller und schöner Beruf. Die Familien- und Arbeitsstrukturen und die immer noch zunehmende Pflegebedürftigkeit werden auch in den nächsten Jahren den Bedarf an professioneller Altenpflege weiter steigen lassen. Altenpflegerinnen und Altenpfleger werden auch in Zukunft gefragt sein.

Damit sich mit der Einführung einer einheitlichen, generalistischen Ausbildung für alle Pflegeberufe nicht der Fachkraftmangel in der Altenpflege verstärkt, plädieren die LINKEN für eine dreijährige gemeinsame Ausbildung, in der sowohl fachübergreifendes als auch berufsspezifisches Wissen vermittelt wird. Das kann beispielsweise durch eine Spezialisierung im dritten Jahr erfolgen. Dadurch würden weiterhin auch die spezifischen Berufsinhalte der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und der Altenpflege vermittelt. Die Berufe wären nicht vereinheitlicht, sie wären aber für alle Absolventen durchlässiger. Dadurch würden die Pflegeberufe insgesamt und auch die spezielle Richtung Altenpflege nach unserer Auffassung an Attraktivität gewinnen.

4 Personalsituation in Pflegeheimen verbessern - Personalschlüssel umsetzen

Frage              

Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass die Personalsituation in Pflegeheimen endlich verbessert wird und Mecklenburg-Vorpommern nicht den Anschluss an die anderen Bundesländer verliert?

 

Antwort           

Ausreichendes und gut qualifiziertes Personal ist auch in der Pflege eine Bedingung für gute Qualität. Im Bundesvergleich hat Mecklenburg-Vorpommern den zweitschlechtesten Personalschlüssel. Nach der Statistik des Landespflegeausschusses gab es hier im Jahr 2010 für die Versorgung von 80 Pflegebedürftigen 26,5 Pflegekräfte. In Niedersachsen standen für die gleiche Aufgabe 28,3 Pflegekräfte zur Verfügung, in Hamburg 30,7 und in Bayern 33,3 Pflegekräfte.

Die unzureichende Personalausstattung in Mecklenburg-Vorpommern kritisiert die LINKE seit Jahrzehnten. Im Rahmen unserer Kampagne „Das muss drin sein“ werden wir von März bis Mai 2016 den Personalmangel in der Kranken- und in der Altenpflege skandalisieren und uns am Protest dagegen beteiligen. Wir fordern für alle Pflegebereiche eine bedarfsgerechte Personalausstattung. Hierfür sind neben den Kranken- und Pflegekassen auch die Sozialhilfeträger und die Träger der Pflegeheime in der Pflicht, denn sie verhandeln die Personalschlüssel in den Pflegesatzverhandlungen.

Mit der Umsetzung des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes besteht für die Akteure der Selbstverwaltung in der Pflege die Chance, die Pflegesätze bundesweit nach einer einheitlichen Formel umzustellen und die Personalausstattung in den stationären Pflegeeinrichtungen zu verbessern, wie es der Verband der Ersatzkassen und der bpa vorschlagen. Durch einen angemessenen Zuschlag könnte insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern die Personalsituation in den Pflegeheimen verbessert werden.

5 Rechtsschutz für Pflegeanbieter verbessern

Frage              

Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Rechtsaufsicht über die Krankenkassen zu verbessern?

 

Antwort           

Für eine Veränderung der Rechtsaufsicht über die gesetzlichen Krankenkassen sieht die LINKE zurzeit keine formalen Einflussmöglichkeiten. Die Landesregierung kann über keine der in Mecklenburg-Vorpommern vertretenen gesetzlichen Krankenkassen die Rechtsaufsicht ausüben. Diese obliegt bei bundesunmittelbaren Krankenkassen dem Bundesversicherungsamt (BVA) und die Rechtsaufsicht über die AOK Nordost obliegt dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg.

6 Einbindung der privaten Pflege in politische Entscheidungsprozesse verbessern

Frage               

Wie sollte die Beteiligung der privaten Anbieter pflegerischer Dienste an politischen Entscheidungsprozessen aus Ihrer Sicht gestaltet werden?

 

Antwort           

DIE LINKE ist für den Austausch mit allen Sachverständigen im Bereich der Pflege. Das zeigt sich nicht nur auf Konferenzen, Tagungen oder parlamentarischen Abenden, sondern auch bei den öffentlichen Anhörungen. Der bpa war beispielsweise auf Vorschlag der Linksfraktion als Sachverständiger zu der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales des Landtages zu dem Thema „Auswirkungen der Fusion der AOK Berlin-Brandenburg und AOK Mecklenburg-Vorpommern zur AOK Nordost auf die Situation der Leistungsbezieher in der Kranken- und Pflegeversicherung“ eingeladen.

Frage               

Braucht Pflege in M-V andere politische und organisatorische Strukturen?

 

 

Antwort           

Damit pflegedürftigen Menschen bedarfsgerecht geholfen werden kann, damit pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte sachgerecht helfen können und dabei nicht verschleißen, fordert die LINKE seit Jahrzehnten, dass die soziale Pflegeversicherung umgestaltet werden muss. Anstelle der jetzigen Teilleistungsversicherung wollen wir eine Vollversicherung. Wir sind für eine Pflegeversicherung, die sich am individuellen Bedarf orientiert und nicht an der Zahlungsfähigkeit der Pflegebedürftigen. Das erfordert eine breitere Finanzierungsbasis. Nach unserem Konzept der solidarischen Bürgerversicherung zahlen alle Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung und bei der Beitragsberechnung werden alle Einkommensarten zur Finanzierung herangezogen. Das wäre sozial gerecht und es gäbe, nach verschiedenen Gutachten, sogar Spielraum für Beitragssenkungen.

7 Förderung der pflegerischen Versorgung im eigenen häuslichen Umfeld

Frage              

Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht für eine weitere Förderung der pflegerischen Versorgung im eigenen häuslichen Umfeld notwendig?

 

Antwort           

Die ambulante Pflege im eigenen häuslichen Umfeld würde durch eine Umwandlung der sozialen Pflegeversicherung in eine Vollversicherung nach dem Konzept der solidarischen Bürgerversicherung gewinnen. Das würde bedarfsgerechte Leistungen ermöglichen und die Erhöhung der Punktwerte. DIE LINKE steht regional oder sogar bundesweit einheitlichen Punktwerten aufgeschlossen gegenüber.

Die ambulante Pflege würde weiterhin durch die Delegation von mehr Kompetenz, aber auch den entsprechenden Finanzmitteln an die Kommunen, etwa durch die Umwandlung der Pflegesozialplanung in eine qualifizierte integrierte Sozialplanung und caring communities gewinnen.

Nach unserer Auffassung ist eine sachgerechte Personalausstattung für eine bedarfsgerechte Pflege unumgänglich. Die Personalausstattung muss es Pflegekräften ermöglichen, die vom Gesetzgeber geforderte aktivierende Pflege zu leisten. Nähert sich die Entlohnung in der Altenpflege zudem deutlich an das Niveau der alten Bundesländer an, entfallen einige wesentliche Gründe für die heutige Abwanderung von Pflegefachkräften aus Mecklenburg-Vorpommern.