Kostenlos? Bedarfsorientiert! - DIE LINKE diskutiert auf erster Regionalkonferenz über die Zukunft des Nahverkehrs in M-V

Kommunalpolitische Leitlinien 2019

Zustand und Zukunft von Mobilität und Nahverkehr standen am Sonnabend im Mittelpunkt der ersten Regionalkonferenz in Wismar. Die Auftaktveranstaltung zur Diskussion der kommunalpolitischen Leitlinien machte von Anfang an klar, dass die Idee eines kostenlosen ÖPNV in Mecklenburg-Vorpommern höchstens für die großen Städte interessant sein könnte - in den meisten Landkreisen stellen sich hingegen andere Fragen ...

Wie kann der Nahverkehr mit Bussen und Bahnen ausgebaut werden? Welche Rolle spielt die zunehmende Digitalisierung? Wie kann eine gerechte und bedarfsorientierte Finanzierung aussehen? All diese Fragen wandten sich verschiedene Referenten zu.

Den Einstieg machte die Landesvorsitzende Wenke Brüdgam mit einem Plädoyer für einen bedarfsgerechten ÖPNV. Dass dieser weit entfernt von den Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohner ist, zeige ein Blick auf die Erreichbarkeit von Hausarztpraxen in den Kreisen Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald. Diese seien außerhalb der Mittelzentren und Städte mit öffentlichen Verkehrsmittel nur unter großem Zeitaufwand zu erreichen. Zur Diskussion eines kostenlosen ÖPNV führte die Landesvorsitzende in die derzeitige Praxis in Tallinn ein. Dort gebe es seit nunmehr fünf Jahren für Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt eine Gratisnutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. In der estnischen Hauptstadt sein eine gesteigerte Nutzung von Bussen und Straßenbahnen zu vermerken. Trotz dieses erfolgreichen Modells stellen sich für Mecklenburg-Vorpommern andere Fragen. Für DIE LINKE stünde zuallererst ein bedarfsgerechter ÖPNV im Vordergrund, der die Anbindung aller Landesteile und Bevölkerungsgruppen garantiere. Dieser müsse die Erreichbarkeit zu Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche garantieren und zugleich Seniorinnen und Senioren die Möglichkeit aufzeigen, im ländlichen Raum ihren Lebensabend verbringen zu können, ohne in die Stadt ziehen zu müssen.

Horst Krumpen, Kandidat für die Bürgermeisterwahl in Wismar, unterstrich in seinem Redebeitrag die Forderung nach einem Verkehrskonzept für Wismar, das den Bus- und Fahrradverkehr zugunsten des Individualverkehrs in den Fokus der Stadtpolitik stelle. Die Stadt und der Landkreis benötigen ein Sozialticket, das den Namen verdiene. Die jetzige Lösung sei nicht praktikabel und benachteilige viele Menschen mit einem geringen Einkommen. Ein kostenloser ÖPNV, so der Bürgermeisterkandidat, könne für Wismar eine Insellösung sein. Ein wesentliches Ziel sei jedoch die spürbare Reduzierung der Fahrpreise.

Dass das derzeitige Agieren der Landesregierung zu diesem Wunsch wenig beitrage, verdeutlichte die Verkehrsreferentin der Linksfraktion im Landtag Ute Spriewald. Das Land reiche die vom Bund ausgegebenen Mittel zur Finanzierung des Nahverkehrs nicht im vollen Umfang weiter und verantworte die fortlaufenden Kürzungen im Bus- und Schienenverkehr. Die Bahn, so Spriewald, habe keine Lobby im Land. Dringend benötigte Strecken und Verbindungen wurden über die letzten Jahre immer weiter ausgedünnt und durch Busse ersetzt - die Landkreise werden mit den Herausforderungen eines Flächenlandes von der Landesregierung alleine gelassen.

Einen Einblick in die Verkehrspolitik in einem Flächenkreis gab der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Kreistag von Ludwigslust-Parchim, Andreas Sturm. Andreas ist Mitglied im Aufsichtsrat der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim und verdeutlichte in seinem Vortrag die Forderung nach einem Mecklenburg-Vorpommern-Ticket und einem kreisübergreifenden Tarif. Mecklenburg-Vorpommern sei nicht nur Urlaubsland, sondern auch ein Land zum Leben.

Zur anschließenden Podiumsdiskussion konnte Jörg Lettau, der Chef der NAHBUS Verkehrsgesellschaft Nordwestmecklenburg auf der Regionalkonferenz begrüßt werden. Bei der Gestaltung des ÖPNV, so Lettau, müsse die Finanzierung derart gestaltet werden, dass die Landkreise ein verpflichtendes Grundangebot bei Bus- und Bahnverkehr anbieten könnten. Dabei sei es für die Nutzerinnen und Nutzer zweitrangig, auf welches Verkehrsmittel sie zurückgreifen. Die Einrichtung von Rufbussystemen in vielen Ämtern und Gemeinden müsse mit einer sinnvollen Organisation verbunden werden. So brauche es vor Ort vor allem für viele Ältere Ansprechpartner und eine Ausrichtung des Nahverkehrs an den Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohner.

Diese und weitere Anregungen werden weiterhin Diskussionsgegenstand für unsere kommunalpolitischen Leitlinien sein. Anmerkungen und Fragen zum Thema Mobilität und Nahverkehr oder zu anderen Themenbereichen können per Mail an info@die-linke-mv.de gesendet werden.

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