Helmut Holter

Politik als Berufung

Helmut Holter ist Fraktionschef der LINKEN

Moskau, die traditionsreiche Metropole, spielt im Leben von Helmut Holter eine schicksalhafte Rolle. Gleich zweimal wurde sie ihm zur Heimat. Das erste Mal zog er hin, als er gerade 18 Jahre alt war. Ein großer Schritt, wenn man aus dem vergleichsweise kleinen Ludwigslust stammt. Und aus vergleichsweise einfachen Verhältnissen. Helmut Holters Mutter war Sprechstundenhilfe, sein Vater Arbeiter und zeitweise SED-Funktionär im Kreis. Helmut Holter studiert fünf Jahre Baustofftechnologie in Moskau.

Als er 1976 zurückkehrt, hat er nicht nur das Diplom mit Auszeichnung dabei. Er weiß auch einiges über die russische Seele. Über die Sprache sowieso. „Ich kann Russisch sprechen, lesen, schreiben, denken – bis heute ohne Probleme", sagt der 56-Jährige. Das kam ihm zunächst mal im Beruf zugute.

Er sollte der DDR bei einem Projekt mit der Sowjetunion zu wissenschaftlich-technischem Fortschritt bei der Produktion von Betonelementen verhelfen. Das deutsche Ver-suchswerk stand in der brandenburgischen Uckermark. Er war 26 Jahre alt, als er dort die Produktionsleitung übernahm. Das Werk gehörte zum VEB Beton Nord mit Sitz in Milmersdorf. Er hatte Aussicht, dort einmal Direktor zu werden.

Doch Helmut Holter entschied sich für eine Partei-Karriere. „Ich war ja ein überzeugter Genosse", sagt er. Parteifunktionäre mit Erfahrung in der Produktion habe es nicht viele gegeben. So ging er zur Parteihochschule, wieder nach Moskau. Dort stand nicht nur Leninismus auf dem Stundenplan, sondern auch Literatur – mit einer Dozentin, die zu seiner großen Liebe wird. Eine Liebe, die ankämpfen musste gegen viele Widerstände. Die Partei, die öffentlich deutsch-sowjetische Freundschaft propagierte, verstand nicht, wieso sich der noch verheiratete Genosse aus der DDR für eine Armenierin entscheidet. „Nur Karinas Familie empfing mich gleich mit offenen Armen", erinnert er sich. Das Paar setzt sich durch und heiratet. Karina kommt mit in die DDR, wo sie Arbeit als Russisch-Lehrerin findet. Die ältere Tochter Lena ist mit dabei. Tanja erblickt das Licht der Welt in Neubrandenburg. 1988.

Zu einer Zeit, als der frische Wind von Gorbatschows Glasnost und Perestroika, der durch Moskau fegte, hierzulande bestenfalls als laues Lüftchen weht. Die Geschichte von Karinas Großvater, der zehn Jahre zu Unrecht im Gulag, Stalins Zwangslager, eingesperrt war. Das Verbot der kritischen Zeitschrift „Sputnik" in der DDR. Das alles zwingt auch den überzeugten Genossen Holter, inzwischen Mitarbeiter der SED-Bezirksleitung, zum Nachdenken. „In mir wuchsen Zweifel, ob die Diktatur des Proletariats der richtige Weg war." Statt Aufbruchstimmung Stagnation. Kleine Veränderungen, die auch junge Genossen zaghaft durchsetzen wollen, werden von der Parteispitze nicht zugelassen. Dennoch ist Helmut Holter überrascht, als die Menschen im Herbst 1989 in Massen auf die Straße gehen und bald auch die DDR nicht mehr wollen. Ihm wird klar: „Veränderungen kann man nur auf demokratischem Weg erreichen. Überzeugung kann man nicht verordnen."

Er aber steht weiter zu seinen Idealen, bleibt in der PDS aktiv. Weil Politik für ihn auch Berufung sei, wie er betont. Gut ein Jahrzehnt führte er die Partei. Heute ist er Fraktionschef und zweifellos einer der bekanntesten Politiker der Linken. Auch weil er ganz pragmatisch seine Partei gegen erhebliche Widerstände regierungsfähig gemacht und 1998 in die bundesweit erste rot-rote Landesregierung geführt hat. Als Minister setzte er auf aktive Arbeitsmarktpolitik und bekam dafür Anerkennung von den Gewerkschaften. Doch auch das Vertrauen der Unternehmer sei ihm wichtig gewesen. Ständig im Fokus der Medien wehte ihm oft ein scharfer Wind entgegen.

Der stets modisch gekleidete Politiker überstand alle Angriffe. „Ich wollte meine Arbeit gut machen und keine Entscheidung treffen, die nicht fachlich fundiert ist." Das war nicht immer leicht. Er würde es jederzeit wieder machen.

Helmut Holters Pressemeldungen

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