Eigentumsfrage und Wirtschaftsdemokratie

Eine entscheidende Frage gesellschaftlicher Veränderung ist und bleibt die Eigentumsfrage. Wirtschaftliche Macht bedeutet auch politische Macht. Solange die Entscheidungen großer Unternehmen sich an den Renditewünschen statt am Wohl der Allgemeinheit orientieren, ist Politik erpressbar und Demokratie wird ausgehöhlt. Eine soziale, friedliche, umweltgerechte, demokratische Gesellschaft erfordert, dass die ökonomische Macht derer, die an Armut, Ausbeutung, Naturzerstörung, Rüstung und Kriegen verdienen, zurückgedrängt und überwunden wird.

DIE LINKE kämpft für die Veränderung der Eigentumsverhältnisse. Wir wollen eine radikale Erneuerung der Demokratie, die sich auch auf wirtschaftliche Entscheidungen erstreckt und sämtliche Eigentumsformen emanzipatorischen, sozialen und ökologischen Maßstäben unterwirft. Ohne Demokratie in der Wirtschaft lassen sich die Interessen der Allgemeinheit gegenüber engen Profitinteressen nicht durchsetzen. Die Demokratie bleibt unvollkommen. Deshalb sehen wir in der Wirtschaftsdemokratie eine tragende Säule des demokratischen Sozialismus. Mehr Demokratie in der Wirtschaft durchzusetzen war schon immer ein wichtiges Anliegen der Arbeiterbewegung. Wir sehen uns in dieser Tradition.

Unter den heutigen Bedingungen hat die Durchsetzung von Wirtschaftsdemokratie eine internationale, eine europäische, nationale und regionale Dimension. Wirtschaftsdemokratie ist angesichts der ökonomischen Internationalisierungsprozesse nicht mehr nur im nationalstaatlichen Rahmen durchsetzbar. Internationale Regeln sind unabdingbar, die die Wirtschaftsmacht begrenzen und zurückdrängen.

Es geht hierbei auch darum, Wissen und Information öffentlich zugänglich zu machen. Es ist nicht hinnehmbar, dass mit öffentlichen Geldern subventionierte Forschungsergebnisse nicht öffentlich zugänglich sind. Für eine friedliche, solidarische und demokratische Gesellschaft ist der öffentliche Zugang zu Wissen und Information unumgänglich und darf nicht Einzelnen vorbehalten bleiben. Wir wollen die Wirtschaft den Maßstäben des Gemeinwohls unterwerfen, damit sie sozial und ökologisch verträglich wirkt.

Demokratische Steuerung der Wirtschaftsentwicklung setzt voraus, die Finanzmärkte zu bändigen und auf ihre eigentliche dienende Funktion für die Realwirtschaft zurückzuführen. Eine Wirtschaft, die den Menschen und nicht dem Profit dient, hat vor allem folgende Funktionen zu erfüllen: Erstens soll sie die Bedürfnisse der Menschen befriedigen und allen ein Leben in Wohlstand und sozialer Sicherheit gewährleisten, zweitens ökologisch nachhaltig wirken, drittens innovativ auf neue Herausforderungen reagieren und viertens sparsam die gesellschaftlichen Ressourcen einsetzen. Darüber hinaus muss sie so organisiert sein, dass alle direkt und indirekt in der Wirtschaft tätigen Menschen ihre Fähigkeiten frei entfalten und sich in ihrer Tätigkeit bilden und weiterbilden können. In einer solidarischen Wirtschaftsordnung, wie DIE LINKE sie anstrebt, haben verschiedene Eigentumsformen Platz: staatliche und kommunale, gesellschaftliche, private und genossenschaftliche Formen des Eigentums. Die Belegschaften, die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Repräsentanten der Gemeinwohlinteressen sollen eine starke demokratische Mitsprache haben und an den wirtschaftlichen Entscheidungen direkt partizipieren.

Es geht um eine global und geschlechtergerecht fair geteilte Erledigung all dessen, was Menschen brauchen und wünschen. Jede und jeder muss von den Einkünften würdig leben können. Alle sollen in der Lage sein, an allen gesellschaftlichen Bereichen - der Erwerbsarbeit, der Familien-, Sorge- und Hausarbeit, der gesellschaftlichen Arbeit sowie der politischen Gestaltung - teilzuhaben. Jede Arbeit, bezahlte oder unbezahlte, soll Wertschätzung erfahren.

Eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums sowie aller notwendiger Arbeiten und Teilhabe aller an den Entscheidungen über die Zukunft der Gesellschaft gehören zu den Voraussetzungen einer demokratisch-sozialistischen Gesellschaft. Unsere Reformvorschläge entwickeln wir in der Perspektive einer gerechteren Gesellschaft. Wir wollen schon im Hier und Heute einen lebenswerten Alltag.

Ein zentraler Punkt in der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit ist die Frage der Arbeitszeit. Wir fordern als dringend notwendigen Schritt eine drastische Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit, zugleich das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Dies ist Voraussetzung, damit die Arbeit der Sorge und Pflege von Menschen um das Leben und seine natürlichen Voraussetzungen aus der Ecke der Vernachlässigung und unentgeltlichen Zuweisung an Frauen geholt wird, diese Tätigkeiten gesellschaftlich organisiert und alle Gesellschaftsmitglieder beteiligt werden.