Antworten zu den Wahlprüfsteinen von Physio-Deutschland dem Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK)

1 Akademisierung

Frage

Wie sehen Sie die Umsetzung / Überführung der Modellstudiengänge in Regelstudiengänge?

Antwort

Positiv. In anderen europäischen Ländern und den USA gibt es Physiotherapie, Ergotherapie,  Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe auch als selbständige akademische Disziplinen. Mit einer stärkeren Akademisierung besteht die Möglichkeit, dass die Fachkräfte dieser Gesundheitsberufe auch in Deutschland mehr Kompetenz und Eigenverantwortung bei der Behandlung der Patienten erhalten.

2 Vergütung der Heilmittelerbringer

Frage

Welche Maßnahmen sieht die Politik hier als Ansatz?

Antwort

Die Forderung nach einer angemessenen Vergütung für Physiotherapeuten und die anderen nichtärztlichen Gesundheitsberufe wird auch von der Partei DIE LINKE erhoben. Wer eine ordentliche, von den Patienten geschätzte Arbeit leistet, soll nicht nur im Alter vor Armut sondern generell vor Armut geschützt sein.

Angesichts der zahlreichen Schreiben des Bundesverbands der Heilmittelerbringer an Politiker, in denen auf die prekäre Lage vieler Mitglieder aus der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Massagetherapie aufmerksam gemacht wurde, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Karen Stramm, am 25.2.2015 in einer Pressemitteilung:

„Wir unterstützen die Aktion des Bundes vereinter Therapeuten e. V. ausdrücklich. Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln und Therapien nicht gewährleistet. Es gibt lange Wartezeiten, Hausbesuche können aufgrund der prekären zeitlichen und finanziellen Situation vieler Praxen nicht mehr durchgeführt werden. Die finanzielle Lage vieler Heilmittelerbringer verschlechtert sich zunehmend. Das wird von der Landesregierung nicht wahrgenommen, wie die Antworten auf meine Kleinen Anfragen zur Lage in der Physiotherapie (Drs. 6/3436) und bei der psychotherapeutischen Versorgung (Drs. 6/3572) zeigen. Die Landesregierung verfügt zwar über die Zahl der Anbieter, sie hat aber keine Erkenntnisse über deren wirtschaftliche Situation. Bei den Physiotherapeuten ist sie in Mecklenburg-Vorpommern vielfach deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt. Während dort eine Physiotherapiepraxis 2.200 Patienten versorgt, sind es in den in M-V meist weniger, beispielsweise 1.700 in der Mecklenburger Seenplatte oder 1.500 auf Vorpommern-Rügen.

Die Wartezeiten werden von der Landesregierung nicht erfasst. Bei den psychotherapeutischen Erkrankungen, bei denen M-V seit Jahren führend ist, sind sie viel zu lang. Das trifft insbesondere für die Bereiche Demmin und Ludwigslust, in denen ärztliche Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeuten fehlen. Schon deshalb kann die psychotherapeutische Versorgung keineswegs als grundsätzlich positiv eingeschätzt werden, wie durch die Landesregierung auf meine kleine Anfrage. Die Landesregierung muss endlich die Realitäten wahrnehmen und für eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln tätig werden. Dazu gehört auch die Existenzsicherung der Therapeuten.“ 

3 Direktzugang

Frage

Gibt es bald einen Direktzugang in Deutschland?

Antwort

Mit einem direkten Zugang von Patienten zu Physiotherapeuten und anderen nichtärztlichen Gesundheitsdienstleistern könnten Schmerzen und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen unmittelbar behandelt werden und die hohe Zahl von Arztkontakten würde reduziert. Kontakte bei Hausärzten, die nachweislich nur der Einholung von Überweisungen dienen, würden entfallen.

Vor der Entscheidung über einen Direktzugang der Patienten zu Physiotherapeuten und anderen nichtärztlichen Gesundheitsdienstleistern sollten jedoch die Wirkungen auf die Behandlungsqualität, das Leistungsvolumen und die Behandlungskosten geprüft werden. DIE LINKE ist deshalb für die Einrichtung weiterer Modellvorhaben und deren zeitnaher Auswertung. 

4 Blankoverordnung

Frage

Wird sie der Vorläufer zum Direktzugang sein?

Antwort

Nachdem die Bundesregierung noch Ende letzten Jahres den Direktzugang von gesetzlich Krankenversicherten zur Physiotherapie abgelehnt hat (u.a. in der Antwort auf eine Kleine Anfrage Linksfraktion im Bundestag Drs. 18/6974), deutet sich mit der Ausweitung der Möglichkeit der Blankoverordnung im Entwurf zur Novellierung des Heil- und Hilfsmittelgesetzes ein erster Schritt auf diesem Wege an. Jedes Bundesland soll die Blankoverordnungen für Physio- und Ergotherapeuten, für  Logopäden und Podologen in Modellversuchen erproben. DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern wird sich in der neuen Legislatur dafür einsetzen, dass die Modellversuche schnell starten und dass sie auch zeitnah evaluiert werden.

5 Verkammerung der Heilberufe

Frage

Die Forderung nach einer Heilberufekammer teilen wir nicht. Die Inhalte der Aus- und Weiterbildung, der Prüfungen und auch die Berufsstandards sollten nach Meinung der LINKEN in staatlicher Verantwortung bleiben.

Antwort

Angesichts der am 10.2.2016 beschlossenen Einführung einer Pflegekammer in Niedersachsen sagte die pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Karen Stramm, in einer Presseerklärung: „Das Hauptargument der Befürworter einer Pflegekammer ist immer, auch in Mecklenburg-Vorpommern, dass dadurch das berufspolitische Engagement gefördert und die Pflege aufgewertet werden würde. Beides sind Trugschlüsse. Von einer Aufwertung der Pflege erwarten die Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen und auch eine bessere Entlohnung. Das hat der Bericht des Zentrums für Sozialforschung zur Situation der Pflegeberufe in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Auf die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung hat eine Pflegekammer jedoch keinen Einfluss. Sie ist weder Tarifvertragspartei noch Partner bei den Pflegesatz- und Gebührenverhandlungen mit den Kranken- und den Pflegekassen. 

Eine Pflegekammer entscheidet auch nicht über die Aus- und Weiterbildung. Das regeln bislang Bundes- und Landesgesetze und für eine qualitativ hochwertige Pflege sollte dies auch weiterhin staatliche Aufgabe bleiben. 

Eine Pflegekammer wäre eine weitere Organisation mit unklaren Handlungskompetenzen. Sie wäre verpflichtend für den Berufsstand. Alle 29.000 Pflegekräfte wären, ob sie es wollen oder nicht, Mitglied der Kammer und sie wären dieser beitragspflichtig. Für zusätzliche Bürokratie wären heute etwa 120 Euro pro Jahr zu zahlen und man kann annehmen, dass der Beitrag sich in den Folgejahren erhöhen wird. 

Vor dem Hintergrund, dass sich Handwerker und Gewerbetreibende in Mecklenburg-Vorpommern gerade gegen ihre Pflichtmitgliedschaft in der IHK wehren, wirkt die Überlegung der Einführung einer Pflegekammer in Mecklenburg-Vorpommern besonders veraltet. Demokratische Organisationen brauchen keinen Zwang.“