Antworten zu den Wahlprüfsteinen der DAV Verlagsgruppe: Deutscher Apotheker Verlag

1 Ist die Arzneimittel-Versorgung gewährleistet?

Frage

 

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es derzeit 409 Apotheken. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen. Wie bewerten Sie die derzeitige Situation rund um die Arzneimittel-Versorgung? Ist die Arzneimittel-Versorgung gewährleistet?

Antwort

Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst zwischen der Versorgung mit Arzneimitteln und der Apothekeninfrastruktur zu differenzieren. Bei der Versorgung mit einzelnen Medikamenten sind sporadisch Lücken in der Versorgungskette festzustellen. Diese sind jedoch nicht auf eine fehlende oder unzureichende Infrastruktur von Apotheken zurückzuführen, sondern sind in einer fehlenden Bevorratung und bei den Herstellern zu suchen. Die Zahl der Apotheken in M-V kann den vorhandenen Bedarf decken und gibt derzeit keinen Anlass zur Sorge.

2 Arzneimittelversorgung in ländlichen Gebieten?

Frage

Wie bewerten Sie die Arzneimittelversorgung in den ländlichen Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns?

Antwort

Hinsichtlich der regionalen Verteilung der Apotheken ist der ländliche Raum (naturgemäß) benachteiligt. Apothekenstandorte sind seltener, Fahrzeiten sind damit länger. Dennoch deckt das Angebot den vorhandenen Bedarf in ausreichendem Maße ab. Allenfalls außerhalb der Regelöffnungszeiten, bei der Inanspruchnahme des Notdienstes können längere Fahrzeiten auftreten, die in Einzelfällen als unangemessen empfunden werden können. Aber auch hier ist zu erkennen, dass die Apothekenkammer um eine ausgewogene regionale Verteilung bemüht ist und damit eine Anfahrt mit dem PKW 30 Minuten nicht übersteigt.

3 Attraktivität ländlicher Regionen für Apotheker?

Frage

Wie möchten Sie dafür sorgen, dass ländliche Regionen in Mecklenburg-Vorpommern für Apotheker so attraktiv bleiben, dass sie sich dort weiterhin niederlassen?

Antwort

Der ländliche Raum hat seinen eigenen Charakter, den es zu erhalten gilt. Gerade die Nähe zur Natur und die enge Verbundenheit der Menschen untereinander sind „Standortvorteile“, die für eine Niederlassung sprechen. Gleichzeitig muss die Politik dafür Sorge tragen, dass die dort lebenden Menschen nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden. Es müssen gleiche Chancen her, überall im Land. Eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben muss überall gewährleistet sein. Dies betrifft bspw. den Zugang zu Kultur und Bildung, guten Verkehrsangeboten, Beschäftigungsperspektiven und nicht zuletzt einem schnellen Internetzugang. Um besondere Bedarfe auszugleichen, Initiativen von Menschen, die gestalten wollen, zu unterstützen, brauchen strukturschwache Regionen auch eine besondere Förderung. DIE LINKE will hierfür zusätzlich 50 Millionen Euro jährlich bereitstellen.

4 Besondere Unterstützung für bestehende Landapotheken?

Frage

Sollten auch bestehende Landapotheken aus Ihrer Sicht besonders unterstützt werden? Wenn ja, wie?

Antwort

Betriebswirtschaftliche Aspekte dürfen nicht die alleinige Bewertungsgrundlage für das Angebot der Apotheken sein. Unser Anspruch ist es, dem Leistungserbringer eine patientengerechte, wohnortnahe Sicherstellung der Medikation überall im Land zu ermöglichen. Wir sehen die Notwendigkeit, insbesondere im ländlichen Raum, über finanzielle Zuschläge die Notdienste in angemessener Entfernung aufrecht zu erhalten.

5 Alternative Modelle zur Sicherstellung der Landversorgung mit Arzneimitteln?

Frage

Es gibt viele alternative/innovative Modelle zur Sicherstellung der Landversorgung mit Arzneimitteln. In Hüffenhardt will DocMorris bald einen Video-Abgabeautomaten testen. Der Patient wird per Video vom Apotheker beraten, über den Automaten kann er ein OTC- oder verschreibungspflichtiges Medikamente abgeben. Was halten Sie von einem solchen Konzept für Mecklenburg-Vorpommern?

Antwort

Grundsätzlich ist DIE LINKE. M-V offen gegenüber neuen Vorschlägen, die helfen, die Versorgungssicherheit zu verbessern. Das neue Angebot muss jedoch geeignet sein unserem Anspruch einer patientengerechten Beratung zu genügen. Hinsichtlich eines Video-Abgabeautomaten haben wir Zweifel, ob dieses die gleiche Beratungsqualität bieten kann, wie das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Gerade für ältere Generationen dürfte dieses Angebot eine erhebliche Barriere darstellen.

6 Mobile Apotheke?

Frage

Vor einiger Zeit war auch mal eine mobile Apotheke im Gespräch. Was halten Sie von einem Konzept für Mecklenburg-Vorpommern?

Antwort

Eine mobile Apotheke kann nur zu festgesetzten Zeiten an bestimmten Orten das Angebot der Medikamentenversorgung übernehmen. Die medikamentöse Behandlung von Krankheiten ist jedoch nicht in jedem Fall planbar. Deshalb ist eine mobile Apotheke kein gleichwertiger Ersatz für eine Infrastruktur an Apotheken, die zu jeder Tages- und Nachtzeit die Versorgung mit Medikamenten sicherstellen. Stattdessen sollten Lieferdienste der regional ansässigen Apotheken ausgebaut werden.

7 Verstärkte Versorgung der Landbevölkerung durch Versandapotheken?

Frage

Was halten Sie von einer verstärkten Versorgung der Landbevölkerung durch Versandapotheken?

Antwort

Der Internethandel mit Medikamenten ist für uns keine Alternative, da er mit Arzneimittelsicherheit nicht zusammengebracht werden kann. Es ist nicht möglich, online eine gute Betreuung zu gewährleisten und ausländische Versandapotheken an das deutsche Recht zu binden und damit für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

8 Exklusive Rabattverträge für einzelne Apotheken zu Zytostatika?

Frage

Die AOK Nordost hat neuerdings mit einigen Apothekern in Mecklenburg-Vorpommern exklusive Rabattverträge zur Versorgung mit Zytostatika ausgeschrieben. Die Versorgung mit Zytostatika wird also nur noch durch einige wenige Apotheken gesteuert. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Welche Nachteile/Vorteile haben solche exklusiven Verträge aus Ihrer Sicht?

Antwort

Die Krankenkassen verfolgen mit der Vereinbarung exklusiver Rabattverträge eine Kostensenkungspolitik, die aus Sicht der Beitragszahler notwendig ist. Rabattverträge zwischen Apotheken und Krankenkassen sollten jedoch nicht zur Regel werden. Je mehr Medikamente nicht mehr von der regionalen Apotheke in der Nähe des Wohn- oder Behandlungsortes abgegeben werden, desto größer wird die Gefahr, dass die Versorgungsinfrastruktur insgesamt gefährdet wird.

9 Würden Sie es begrüßen, wenn der EuGH die Arzneimittelpreise freigibt?

Frage

EuGH verhandelt derzeit darüber, ob Apotheken ihren Kunden Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente geben dürfen. Erlaubt das Gericht den Apothekern, solche Rabatte zu gewähren, könnte Arzneimittelpreisbindung kippen. Arzneimittelpreise wären dann nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben. Jeder Apotheker könnte die Preise ALLER Medikamente frei festlegen, so die Befürchtung. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Würden Sie es begrüßen, wenn der EuGH die Preise freigibt? Oder sehen Sie eine Verbindung zwischen Arzneimittelpreisen und Gesundheitsschutz?

Antwort

Die Abgabe von Medikamenten unterscheidet sich erheblich vom Verkauf „normaler“ Konsumgüter. Hier darf nicht das Verkaufsinteresse im Vordergrund stehen, sondern die zweckmäßige Behandlung eines gesundheitlichen Leidens. Der Kunde ist gleichzeitig Patient und deswegen kein gleichberechtigter Marktteilnehmer. Er ist in seiner freien Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt und auf das professionelle Urteil des Arztes und der Apotheke angewiesen. Diese sollten sich bei der Urteilsbildung nicht durch wirtschaftliche Anreize beeinflussen lassen. Deshalb lehnt DIE LINKE die Einführung von Verkaufsanreizen, wie Boni und Rabatte entschieden ab. Verschreibungspflichtige Medikamente sollten nach einer Gebührenordnung abgegeben werden, die die berechtigten Interessen der Hersteller, der Apotheken sowie der Kassen fair ausgleicht.

10 Apotheker in der Flüchtlingsversorgung?

Frage

Welche (zusätzliche) Rolle könnten Apotheker aus Ihrer Sicht in der Flüchtlingsversorgung spielen?

Antwort

Zumindest in der ersten Zeit stellt die Sprachbarriere das größte Integrationshindernis für dauerhaft hier lebende Geflüchtete dar. In den Regionen, in denen überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, wäre es sinnvoll, wenn sich Apotheken sprachlich weiterbilden oder Übersetzungsleistungen stellen, um die Barriere zu den Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund zu senken. Letztere profitierten durch eine bessere Gesundheitsversorgung, dem Gesundheitssystem blieben (teure) Fehlmedikationen erspart und die betreffende Apotheke hätte dank ihrer Spezialisierung einen wirtschaftlichen Vorteil. Für die Apothekerkammer sehen wir zudem die Aufgabe, einen Leitfaden und ein Verfahren mit zu entwickeln, mit dem ausländische Abschlüsse als Apotheker anerkannt und Ausbildungsdefizite nachgeholt werden können.

11 Was halten Sie von zusätzlichen Leistungen für Apotheker?

Frage

Apotheker wollen insgesamt eine größere Rolle in der medizinischen Versorgung spielen. Sie wollen nicht mehr nur „Packungen über den Tisch reichen“, sondern auch pharmazeutische Dienstleistungen, wie beispielsweise Medikationsberatungen, anbieten. Was halten Sie von zusätzlichen Leistungen für Apotheker? Wo könnten die Apotheker aus Ihrer Sicht neue Kompetenzen aufnehmen?

Antwort

Die Versorgung mit Apotheken ist flächendeckend. Die Hürde, Beratungsdienstleistungen in Apotheken wahrzunehmen, ist niedrig, da Terminvereinbarungen nicht erforderlich sind. Ohne, dass

DIE LINKE. M-V dafür ein geschlossenes Konzept hätte, ist vorstellbar, mit den Apotheken ein gesundheitliches Erstangebot zu etablieren. Patientinnen und Patienten suchen auch schon heute bei bestimmten gesundheitlichen Belastungen Apotheken auf, um rezeptfreie Medikamente zu erhalten. Ohne Apotheker damit zu Ärzten zu machen, könnte diese Erstberatung ausgebaut werden. Das Ergebnis einer solchen Beratung könnte ein allgemeiner Verhaltenshinweis, der Verkauf eines nicht verschreibungspflichtigen Medikaments oder die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen sein. Vorstellbar ist auch eine solche niedrigschwellige Gesundheitsberatung in Kooperation mit ärztlichem bzw. medizinischem Personal anzubieten und so Apotheken perspektivisch zu umfassenden Gesundheitsdienstleistern auszubauen.