Antworten zu den Wahlprüfsteinen der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Mecklenburg-Vorpommern

1 Wohlfahrtsgesetz M-V

Frage

Die Arbeiterwohlfahrt fordert, dass die Projektförderung der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege durch eine institutionelle Förderung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird, um die Leistungsfähigkeit der Wohlfahrtsverbände in M-V langfristig zu sichern. Werden Sie dieses Anliegen unterstützen?

Antwort             

Die Forderung nach einem Wohlfahrtsgesetz ist nachvollziehbar und wird von uns unterstützt. Die Wohlfahrtsverbände leisten seit mehr als 25 Jahren eine enorm wichtige Arbeit. Mit einem solchen Gesetz könnte mehreren Zielen und Anliegen entsprochen werden: Die Arbeit würde planbarer. Die ungeeignete, aber dauerhafte und deshalb vom Landesrechnungshof kritisierte Projektförderung würde in eine gesetzliche Regelung überführt. Nicht zuletzt würde die Förderung transparenter. Insgesamt würde die Arbeit der Verbände durch ein solches Gesetz eine Aufwertung und größere Anerkennung erfahren, die Arbeit wäre nicht mehr so stark abhängig von der Kassenlage oder der Farbenlehre der jeweiligen Regierung. Ein Wohlfahrtsgesetz sollte auch die Qualität der Arbeit sichern und Kostenentwicklungen berücksichtigen. Zudem können Standards gesetzt und vereinheitlicht werden. Selbstverständlich darf die Förderung der Wohlfahrtsverbände lediglich gemeinnützigen Zwecken dienen.

2 Kindertageseinrichtungen

Frage

Wie wollen Sie den Vollzug der Fachkraft-Kind-Verhältnisse in Krippe, Kindergarten und Hort des seit 01.08.2013 geltenden KiföG M-V sicherstellen?

Antwort             

Die Fachkraft-Kind-Relation regelt das Verhältnis zwischen einer Fachkraft und einer bestimmten Anzahl von Kindern für die mittelbare pädagogische Arbeit. Je geringer die Anzahl der Kinder pro Fachkraft, desto intensiver kann die Betreuung und die persönliche Hinwendung zum Kind erfolgen. Die Fachkraft-Kind-Relation und die Qualität der Betreuung stehen daher in einem unmittelbaren Zusammenhang. Mit dem 4. KiföG M-V kam es vorerst zu einer schrittweisen Absenkung der Fachkraft-Kind-Relation ab dem Jahr 2015. Um die Absenkung der Fachkraft-Kind-Relation umsetzen zu können und die Personalschlüssel entsprechend der Anforderungen, unter anderem an die mittelbare und unmittelbare pädagogische Arbeit sowie unter Berücksichtigung von realistisch berechneten Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub und Fortbildung ausgestalten zu können, ist eine auskömmliche und kostendeckende Finanzierung und landeseinheitliche Vorgaben zur Berechnung der Betreuungsschlüssel unerlässlich. Zudem ist die Ausbildungsplatzplanung unverzüglich den realen Entwicklungen und Bedarfen anzupassen. Die Mehrkosten sind vom Land auszugleichen.

Frage

Werden Sie eine landeseinheitliche Regelung zum personellen Mindestbedarf unterstützen?

Antwort

Die Umsetzung der Fachkraft-Kind-Relation unterliegt nach dem derzeit geltenden Kindertagesförderungsgesetz M-V der Ausgestaltung der Landkreise und kreisfreien Städte. Vor Ort herrschen unterschiedliche Vorgaben und Regelungen zur konkreten Umsetzung der Fachkraft-Kind-Relation. Um hier unabhängig von der finanziellen Ausstattung der Landkreise und kreisfreien Städte möglichst gleichwertige Bedingungen vor Ort zu gewährleisten, sind landeseinheitliche Empfehlungen zur Umsetzung der Fachkraft-Kind-Relation notwendig.

 

Frage

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die Eltern entlasten?

Antwort

Für eine spürbare Entlastung der Eltern ist es zunächst einmal notwendig, die Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung landeseinheitlich zu gestalten. Auf diese Weise können die teilweise gravierenden Unterschiede zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten beseitigt werden. Zur Realisierung eines landeseinheitlichen Elternbeitrages sind Veränderungen im Finanzierungssystem der Kindertagesbetreuung erforderlich. Nach dem aktuellen Finanzierungssystem müssen die Wohnsitzgemeinden und Eltern die Mehrkosten für alle Betreuungsarten jeweils zur Hälfte zahlen. Dabei kommt es immer wieder zu Kostensteigerungen und großen Unterschieden je nach Wohnort. Die Zuweisungen an Landesmitteln und damit anteilig der Kreise müssen zukünftig stärker an die realen Bedarfe angepasst werden. Wir fordern eine höhere Kostenübernahme durch das Land und eine Berechnung der Zuweisung anhand der realen Kinderzahlen, wofür eine Änderung der Stichtagsregelung notwendig wird.

Wir wollen einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz in der Kita für alle Eltern durchsetzen. In einem ersten Schritt wollen wir dies für die 3 – 6-Jährigen gesetzlich verankern. Die damit steigenden Kosten für die Kindertagesbetreuung sollen nicht mehr wie bisher von den Eltern und den Wohnsitzgemeinden getragen werden. Der Landesanteil an der Finanzierung ist so zu erhöhen, dass Eltern ganz von den Kosten befreit werden. In den kommenden fünf Jahren wollen wir jährlich einen Jahrgang der Kinder kostenfrei stellen. 2017 die sechsjährigen Vorschulkinder, 2018 die Fünfjährigen, 2019 die Vierjährigen und 2020 die Dreijährigen.

 

Frage

Wie kann eine stufenweise Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation erfolgen?

Antwort

Die personelle Ausstattung in den Kinderbetreuungseinrichtungen muss durch eine Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation und damit mehr verfügbarer Zeit für die unmittelbare pädagogische Arbeit zu erfolgen. Die Personalschlüssel sind auf Grundlage des Fachkraft-Kind-Verhältnisses, der Zeiten für die mittelbare pädagogische Arbeit und angemessener Ausfallzeiten landeseinheitlich entsprechend anzupassen. Oberstes Ziel ist, dass die Bildung und Förderung der Kinder sowie gleiche Bildungschancen für alle Kinder im Land als grundlegende und unerlässliche Aufgabe verstanden werden und die Umsetzung entsprechend mit finanziellen Mitteln untersetzt wird, damit die sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen tatsächlich erfüllt werden können.

Wir wollen kurzfristig eine Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation hin zu einem Verhältnis von einer Fachkraft im Krippenbereich für 5 statt bisher 6 zu betreuende Kinder und einer Fachkraft im Hortbereich für 21 statt 22 zu betreuende Kinder. Langfristig soll die Fachkraft-Kind-Relation mittels Stufenplan für den Kindergartenbereich auf 12 statt bisher 15 Kinder pro Fachkraft sowie im Hortbereich weiter auf 18 Kinder pro Fachkraft verbessert werden. Die Ausbildungsplatzplanung des Landes ist unverzüglich den aktuellen Entwicklungen anzupassen. Gleichzeitig wollen wir Impulse setzen, Seiteneinstiege in den Beruf bzw. die berufsbegleitende Ausbildung zu erleichtern.

Die Personalschlüssel sind auf Grundlage der veränderten Fachkraft-Kind-Verhältnisse, der Zeiten für die mittelbare pädagogische Arbeit sowie angemessener Ausfallzeiten landeseinheitlich neu zu regeln. Oberstes Ziel ist, dass die Bildung und Förderung der Kinder sowie gleiche Bildungschancen für alle Kinder im Land als grundlegende und unerlässliche Aufgabe verstanden werden und die Umsetzung entsprechend mit finanziellen Mitteln untersetzt wird, damit die sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen tatsächlich erfüllt werden können.

3 Pflege

Frage

Welche Maßnahmen erachten Sie für notwendig, um das Arbeitsfeld Altenpflege für Interessierte und bereits im Beruf Tätige attraktiver zu gestalten und wie wollen Sie dem teilweise bereits akuten Pflegekräftemangel im Bereich der Pflege in Mecklenburg-Vorpommern begegnen?

Antwort          

Um dem herrschenden Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen, schlägt die LINKE ein „Sofortprogramm für die Pflege und die Pflegeausbildung“ für Mecklenburg-Vorpommern vor. Zu den darin enthaltenen Maßnahmen gehören

- der Wegfall des Schulgeldes für die Pflegeausbildung durch (private) Ersatzschulen. Das ist per Gesetz zu regeln;

- Die Verbesserung der Ausbildungsqualität, sowohl im praktischen, als auch im schulischen Teil, mittels landesweiter Vorgaben;

- Ein besserer Personalschlüssel für stationäre Pflegeeinrichtungen und die Wiedereinführung von Mindestpersonalvorgaben für die Pflege in Krankenhäusern, per Landesgesetz;

- Gewinnung von 2.500 zusätzlichen Auszubildenden für die Pflegeberufe in den nächsten fünf Jahren;

- die Angleichung des Pflegemindestlohns auf das Niveau der alten Bundesländer. Das ist durch Bundesgesetz zu realisieren;

- eine höhere Wertschätzung der Pflegearbeit in den Pflegesatz- und Gebührenverhandlungen durch die Kranken- und Pflegekassen;

- die Stärkung der gewerkschaftlichen Organisation der Beschäftigten in der Pflege.

 

Frage

Welche Pläne haben Sie, um das Verfahren zur Anerkennung von Qualifikationen ausländischer Pflegekräfte zu vereinfachen und den Zugang zu Qualifizierung und Berufstätigkeit in Mecklenburg-Vorpommern zu erleichtern?

Antwort

Die Prüfung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen regeln seit 2012 das Anerkennungsgesetz des Bundes und das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz von Mecklenburg-Vorpommern. Nach ihnen besteht ein Anspruch auf Überprüfung des Berufsabschlusses auf Gleichwertigkeit mit deutschen Abschlüssen. Ist das der Fall, sind sie den Inhabern deutscher Berufsqualifikationen gleichgestellt.

Für Antragstellung und Prüfung ist in Mecklenburg-Vorpommern das Landesprüfungsamt für Heilberufe des Landesamts für Gesundheit und Soziales zuständig. Es muss Anträge innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen entscheiden.

Bei der Linkspartei gibt es zurzeit noch keine Pläne für eine Vereinfachung des Verfahrens für ausländische Pflegekräfte. Wenn die Landesregierung den Bericht über die Anwendung und die Auswirkungen des Berufsqualifikationsfest-stellungsgesetzes vorlegt, können wir uns in der Öffentlichkeit und im Landtag dazu positionieren und unsere Vorstellungen einbringen. Das wird voraussichtlich zum Jahreswechsel 2016 / 2017 der Fall sein.

 

Frage

Wie ist Ihre Position zur Überprüfung der 50-prozentigen Fachkraftquote und deren Neustrukturierung hin zu einer qualitativen Fachkraftquote?

Antwort

Die LINKE ist sowohl dafür, die Einhaltung der geltenden Fachkraftquote zu überprüfen, als auch deren Angemessenheit. Bei der Analyse sollten die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und die Ergebnisqualität der Pflege die ausschlaggebenden Kriterien sein. Eine formal eingehalte Quote ist unseres Erachtens für die Gepflegten nachrangig. Für sie ist die Qualität der Hilfe, das Eingehen auf ihre Bedarfe entscheidend. Deshalb halten wir den Vorschlag einer qualitativen Fachkraftquote für diskussionswürdig, plädieren aber für eine ausreichende Erprobung und letztlich für eine bundesweit einheitliche Regelung bei der Fachkraftquote.

 

Frage

Welche Möglichkeiten sehen Sie, auch vollstationäre Pflegeeinrichtungen bei der Umsetzung neuer zielgruppenspezifischer Wohngruppen- / Hausgemeinschafts- und Betreuungskonzepte finanziell zu unterstützen?

Antwort

Mecklenburg-Vorpommern verfügt über etwa 330 Pflegeheime mit rd. 20.280 Plätzen. Die meisten Einrichtungen sind, laut Pflegestatistik 2011 zu über 90 Prozent ausgelastet, in den Landkreisen Nordwestmecklenburg, Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern Greifswald sogar zu 97 Prozent und mehr.

Da sich mit der Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung und der Veränderung des Krankheitsspektrums, beispielsweise mit der Zunahme der Demenzerkrankungen, die Anforderungen und auch die Ansprüche der künftigen Bewohner an stationäre Pflegeeinrichtungen ändern, ist es sinnvoll, dem durch neue Konzepte zu entsprechen. Zu pflegende Menschen und ihre Familien sollen eine Wahlfreiheit haben. Deswegen unterstützen wir alternative Betreuungsangebote. Wir wollen eine stärkere Förderung der ambulanten Versorgung. Zu pflegende Menschen sollen mit Hilfe eines Pflegedienstes, einer Hauswirtschaftshilfe und regelmäßiger soziale Betreuung so lange wie möglich in ihrem häuslichen Umfeld wohnen können. Alternativen zum klassischen Pflegeheim wie Wohngruppen oder generationsübergreifende Wohnformen werden wir besonders unterstützen. Wir wollen die rechtliche Gleichstellung alternativer Wohnformen bei der Finanzierung. Mit der Zunahme von Demenzerkrankungen müssen sich auch die Anforderungen an stationäre Pflegeeinrichtungen ändern. Wir fordern neue Konzepte und die Förderung von Um- und Neubauten. DIE LINKE wird prüfen, wie der Einsatz neuester technologischer Möglichkeiten, wie des „Ambient Assisted Living“ und der Robotik, unterstützend in Fragen der Pflege und des Gesundheitswesens in Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt werden können.

4 Migration

Frage

Was werden Sie unternehmen, damit Flüchtlingen in Mecklenburg-Vorpommern die Integration erleichtert wird?

Antwort           

Wir setzen uns für eine Gesetzgebung ein, die auf Bundes- und auf Landesebene allen ausländischen Flüchtlingen eine strukturierte Aufnahme, gesellschaftliche Teilhabe und umfassende Rechte für eine selbstbestimmte Lebensweise ermöglicht. Eine gut vernetzte Integrationsarbeit in den Kommunen, die Beförderung der dezentralen Unterbringung in Wohnungen und eine umfassende und flächendeckende Betreuung und Beratung der Flüchtlinge sind hierfür unerlässlich. Die Migrationsberatung ist uneingeschränkt auch für Flüchtlinge, Asylbewerberinnen und Asylbewerber sicherzustellen. Die Kommunen sowie die Träger von Beratungsstellen müssen hierfür mit ausreichenden finanziellen Mitteln sowie mehr Personal ausgestattet werden.

Die Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern muss kontinuierlich fortgeschrieben werden. In der Integrationskonzeption müssen konkrete Ziele, die dafür erforderlichen Zwischenschritte und überprüfbare Maßnahmen festgelegt werden. Die notwendigen Mittel für die Umsetzung der Maßnahmen sind im Landeshaushalt zu verankern. Des Weiteren wollen wir, dass der Bund stärker in die Finanzierungsverantwortung genommen wird.

Integration findet auf verschiedenen Ebenen statt. Allen voran gehört dazu die strukturelle Integration beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Ausbildung; die sprachliche Integration durch Zugang zu Sprachkursen von Anfang an und gezielte Förderung der Kinder und Jugendlichen in den Kindertageseinrichtungen und Schulen sowie die kulturelle Integration durch Begleitung bei der Orientierung im Aufnahmeland. Eine kontinuierliche Begleitung und Unterstützung im Integrationsprozess unter anderem durch ein flächendeckendes Netz von qualifizierten Sprach-, Integrations- und Kulturmittlerinnen und –mittlern in Mecklenburg-Vorpommern ist unerlässlich.

 

Frage

Welche konkreten weiteren Maßnahmen werden Sie unterstützen, um den Flüchtlingen Bildung und Ausbildung zu ermöglichen?

Antwort

Die strukturelle Integration mit dem Ziel einer adäquaten Beschäftigung, mit der ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben in Deutschland möglich wird, ist durch geeignete Maßnahmen zu befördern. Der Weg dorthin erfordert Zeit und Anstrengungen, die Menschen müssen auf diesem Weg unterstützt werden.

Für den Zugang zur Ausbildung und Arbeit ist zu allererst ein sicherer Aufenthalt für die Zeit der Ausbildung und darüber hinaus sicherzustellen. Davon darf unter keinen Umständen abgerückt werden. Dringend notwendig ist zudem die Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache. Die Vermittlung der deutschen Sprache muss von Anfang an und strukturiert erfolgen. So müssen auch Alphabetisierungskurse und berufsbezogene Sprachkurse stärker in den Fokus rücken.

Eine Voraussetzung für den Zugang zu Ausbildung und Arbeit ist, dass die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüssen sowie die Berücksichtigung von Berufserfahrungen unkompliziert und unabhängig von der finanziellen Situation der Flüchtlinge ermöglicht werden. Wird für eine Anerkennung eines Berufes die Notwendigkeit einer Nachqualifizierung gesehen, muss an der Stelle ein gut aufeinander abgestimmtes Netz an Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen greifen.

Schulen, die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache unterrichten, müssen flächendeckend vorgehalten werden und die Stundenausstattung haben, die für das Erlernen der deutschen Sprache notwendig ist. Dazu ist es notwendig, wesentlich mehr Klassen für diese Jugendlichen an Berufsschulen zu bilden.

Wir schlagen "Willkommensklassen" als eine Möglichkeit vor, auch jene Jugendliche erfolgreich zu integrieren und nicht warten zu lassen, die nach Beginn des Schuljahres den Weg in ihre neue Heimat finden. Hier verbleiben sie mit theoretischem und praktischem Unterricht und absolvieren einen "Vorkurs", bis die nächste Klasse eröffnet wird.

Wenn die Städte und Gemeinden auch für diese neuen Schülerinnen und Schüler einen Teil der ihnen entstehenden Kosten vom Land erhalten, wird die Integration besser gelingen.

Kinder und Jugendliche an allgemein bildenden Schulen benötigen für die Integration-zusätzlich zum Deutschkurs- Begleitung. So schlagen wir vor, den Schulen, je nach Anzahl der Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache, Stunden zur Verfügung zu stellen, um Lehrkräfte zu gewinnen, die das Zusammenleben gut vorbereiten, verbessern und zu Gelingen bringen werden. So können die Kinder zusätzlich begleitet werden, denn nicht nur Sprache verbindet, sondern auch Kultur, gemeinsame Aktivitäten und Akzeptanz. Dies darf nicht dem Zufall überlassen werden, sondern muss begleitend unterstützt werden.

 

Frage

Werden Sie sich für eine personelle Aufstockung der Migrationsberatung einsetzen?

Antwort

Ja. In vielen Bereichen der Integrationsarbeit sind personelle Aufstockungen dringend notwendig, so auch in der Migrationsberatung für Erwachsene sowie für Jugendliche. Grundsätzlich sollen die Angebote der durch den Bund geförderten Migrationsberatung auch für Flüchtlinge und Asylbewerberinnen und Asylbewerber geöffnet werden.

Eine umfassende und flächendeckende Betreuung und Beratung der Flüchtlinge sind für die Orientierung im Aufnahmeland unerlässlich. Die Kommunen sowie die Träger von Beratungsstellen müssen hierfür mit ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet werden. Wir sehen das Land sowie den Bund in der Verantwortung, für ausreichende Finanzierung zu sorgen.

Es muss zudem mehr Begleitung und Betreuung der Flüchtlinge an der Schnittstelle von der Erstaufnahme hin zur Anerkennung und damit Freizügigkeit geben. Es kann nicht sein, dass die Menschen häufig auf sich alleine gestellt sind oder sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, um eine adäquate Beratung und Betreuung für die zu bewältigenden Prozesse, zu bekommen. Menschen, die zugewandert sind, benötigen eine adäquate und verlässliche Betreuung im gesamten Integrationsprozess. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Integrationsprozess mehrere Monate oder Jahre dauern kann. Der verstärkte Einsatz von Integrationslotsen hilft dabei, diesen Prozess unterstützen. Auch dies muss befördert werden. Zudem ist das Ehrenamt zu stärken und den freiwilligen Helferinnen und Helfern notwendige Ausgaben, z.B. für Fahrten zu erstatten.

 

Frage

Unterstützen Sie die Forderung nach einer Übernahme der Kosten für die Unterkunft anerkannter Flüchtlinge durch den Bund?

Antwort

Ja. Die Flüchtlingsaufnahme ist eine internationale Verpflichtung, die nicht bereits überforderten Kommunen aufgebürdet werden darf. Städte und Gemeinden geraten bei der Unterbringung der weiter steigenden Anzahl von Asylbewerberinnen und Asylbewerber an ihre Grenzen. Eine Entlastung kann durch die Übernahme der Kosten durch den Bund erfolgen. Dieser hat sich bislang nicht strukturell an den Kosten der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden beteiligt. Stattdessen gab es zuletzt nur einmalige Zuschüsse durch den Bund in unzureichender Höhe.

Zudem gibt es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen. Selten sind diese für die Kommunen kostendeckend. Auch bei der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sind unterschiedliche Verfahren und Standards vorsehen.

DIE LINKE fordert auf Bundesebene ein Flüchtlingsaufnahmegesetz, das bundesweit einheitliche und gemeinsame Standards und Verfahren für die Flüchtlingsaufnahme vorgibt. Hauptelement ist die Übernahme aller Unterbringungs- und Versorgungskosten durch den Bund für die Dauer des Asylverfahrens sowie für die Übergangszeit nach einer Anerkennung. Länder und Kommunen bleiben in der Verantwortung, indem sie die Integration der Asylbewerberinnen und Asylbewerber und der Schutzberechtigten vor Ort fördern und gewährleisten.

5 Armut

Fragen

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit sich die Situation der von Armut betroffenen Menschen nachhaltig verbessert?

Werden Sie das Anliegen unterstützen, mit einem regelmäßigen Armuts- und Sozialbericht die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen?

Antwort

DIE LINKE und unsere Fraktion im Landtag fordern seit Jahren von der Landesregierung eine qualifizierte Armutsberichterstattung. Die Fraktion im Landtag hat auch in der zurückliegenden Wahlperiode mehrere Anträge dazu eingebracht. Auch die Forschungsstudie der AWO und die darin erhobene Forderung fand unsere Zustimmung. Die Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel für eine solche Berichterstattung, die wir im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2016/2017 beantragt hatten, wurde von SPD und CDU abgelehnt.

Armut ist oft eine Folge jahrelanger, prekärer Beschäftigung, inklusive niedriger Löhne, oder von Langzeitarbeitslosigkeit. Beides wollen wir zurückdrängen und überwinden.  Auch dazu hat unsere Landtagsfraktion mehrere parlamentarische Initiativen ergriffen, die sämtlich von SPD und CDU abgehlehnt wurden, ob sich diese Anträge gegen das Praktikumsunwesen und sachgrundlose Befristungen richteten oder aber gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen.

Jede und Jeder, die/der arbeiten kann und will soll Arbeit haben – und das mit einem armutsfesten Einkommen. Deshalb gehört für uns die Weiterentwicklung des gesetzlichen Mindestlohnes ebenso zur Bekämpfung von Armut wie die Stärkung der Tarifbindung.

Für alle diejenigen, die ohne Hilfe den Weg in den Arbeitsmarkt nicht schaffen, muss Hilfe organisiert und finanziert werden. Dazu bedarf es eines anderen Hilfeansatzes und des Ausbaus öffentlich geförderter Beschäftigung, zum Beispiel in Form von Sozial- oder Integrationsbetrieben. Der Soziale Arbeitsmarkt, wie er zurzeit als Bundesmodellprojekt erprobt wird, reicht dazu nicht aus. Vorschläge unserer Partei, zum Beispiel unser Bundesland als Modellregion für den Passiv-Aktiv-Transfer anzumelden und damit den ohnehin zu zahlenden passiven Mitteln für Hartz IV auch die Integration in Arbeit zu fördern, wurden über die Fraktion im Landtag eingebracht und von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Mehrfach abgelehnt wurde auch unser Vorschlag, das Projekt „Campus der Generationen“, ein erfolgreiches Projekt zur Integration von arbeitslosen Akademikerinnen und Akademikern im Land Brandenburg, auf M-V zu übertragen.

Die gezielte Unterstützung von Alleinerziehenden gehört nach unserem Verständnis ebenso zu einer wirksamen Arbeitsmarktpolitik wie die bessere Unterstützung von jugendlichen, älteren und schwerbehinderten Arbeitslosen.

6 Inklusion

Frage

Wie wollen Sie erreichen, dass es auch in Kinderkrippen und in Horten integrative Gruppen gibt?

Antwort

Damit auch in Mecklenburg-Vorpommern in den Kinderkrippen und Horten integrative Gruppen gebildet werden können, sollen in einem ersten Schritt die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Landkreistag dazu veranlasst werden, den Leistungstyp A.9 „Integrative Kindertagesstätten“ des „Landesrahmenvertrags für Mecklenburg-Vorpommern nach § 79 Absatz 1 SGB XII für stationäre und teilstationäre Einrichtungen“ auf Kinderkrippen und Horte zu erweitern. Damit wäre ein eigener Leistungstyp für diese Betreuungsformen im Landesrahmenvertrag verankert.

Ziel ist, dass eine integrative Förderung von Kindern mit sonstigen Beeinträchtigungen in der Kindertagesförderung in allen Betreuungsformen Krippe, Kita und Hort möglich ist. Integrative Gruppen sollen grundsätzlich nach Bedarfslage in allen Einrichtungen gebildet werden können. Hierzu ist eine Novellierung des Kindertagesförderungsgesetzes erforderlich.

 

Frage

Wie wollen Sie erreichen, dass die Zahl integrativer bzw. inklusionsorientierter Kindergärten im Land steigt?

Antwort

Auf Grundlage des Artikels 24 Absatz 1 der UN-Behindertenrechtskonvention muss einem Kind mit Behinderungen grundsätzlich jede Kindertageseinrichtung und jede Gruppe offen stehen. Um diesem Anspruch tatsächlich gerecht werden zu können und um langfristig dem Ziel der Inklusion näher zu kommen, muss das Kindertagesförderungsgesetz M-V novelliert und darin der gesetzliche Anspruch für alle Kinder verankert werden.

Für die langfristige Umsetzung müssen entsprechende personelle und räumliche Rahmenbedingungen in allen Einrichtungen geschaffen werden. Alle Kindertageseinrichtungen müssen mit der gleichen bzw. gleichwertigen Ausstattung versehen werden und sollen über spezielle Ruheräume und Räume zur medizinischen Versorgung verfügen. Der Ersatz- oder Neubau von Kindertageseinrichtungen ist grundsätzlich unter dem Aspekt der Barrierefreiheit durchzuführen. Um den Bedarf an Fachkräften decken zu können, müssen Fachkräfte mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung in die Ausbildungsplatzplanung des Landes mit aufgenommen werden. Sie sollen in allen Einrichtungen, auch den Regeleinrichtungen, eingesetzt werden können. Zudem sollte es möglich sein, Förderangebote mit multiprofessionellen Teams wie Logopäden anzubieten.

 

Frage

Was werden Sie unternehmen, um die Inklusionsquote in der Schule zu erhöhen?

Antwort

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein Fortbildungskonzept für alle Lehrkräfte in unserem Land. Diese Fortbildungen müssen besser beworben werden und intensiviert werden, damit die teilnehmenden Lehrkräfte nicht über einen derart langen Zeitraum zusätzlich belastet werden.

Auch müssen die Fortbildungen – wie bereits von uns in der Begleitgruppe zur Inklusion gefordert – auch für Gymnasiallehrkräfte geöffnet werden und der zeitliche Umfang für die Qualifizierung von Mitgliedern der Schulleitungen muss erhöht werden, denn sie sind die „Schaltstellen“ an den Schulen.

Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit den „Förderschwerpunkten „Hören“ und „Sehen“ ist bereits derzeit enorm hoch. Dieser Zustand darf nicht rückgängig gemacht werden. Diese „Schulen mit spezifischer Kompetenz“ sind in den Landesteilen zu errichten, in denen derzeit ein gemeinsamer Unterricht schwierig ist oder gar nicht stattfindet.

Wichtig ist, dass auch der Elternwille auf die Beschulung ihrer Kinder in einem „geschützten Raum“ erfolgen kann, gewahrt wird.

 

Frage

Was werden Sie unternehmen, damit mehr benachteiligte Menschen in die Arbeitswelt inkludiert werden?

Antwort

Wir erlauben uns darauf hinzuweisen, dass für eine inklusive Gesellschaft die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Kindertageseinrichtungen, Horten und Schulen unabdingbar ist, die Inklusion aber nicht – wie in ihrem Einleitungstext zum Stichwort – auf diese Bereiche reduziert werden darf. Wir streben die vollständige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an, was eine Umgestaltung der Gesellschaft insgesamt erfordert.

Bei der Inklusion von benachteiligten Menschen, insbesondere mit Handicap, gilt es, in einem intensiven Dialog mit den Betroffenenverbänden und Selbsthilfegruppen sowie den Verwaltungen im Land, die Wirksamkeit der bestehenden Instrumente und Regelungen zu prüfen und im Interesse des gemeinsamen Zieles weiter zu entwickeln. Dies schließt auch eine beständige Überprüfung und etwaige Korrektur des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes ein.

7 Beratungslandschaft

Fragen             

 

Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit den Bürgerinnen und Bürgern in Zukunft ein verlässliches und gutes Beratungsnetz zur Verfügung steht?

Antwort          

Zunächst einmal möchten wir anmerken, dass sich die soziale Beratungslandschaft in M-V nicht nur auf die Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung beschränkt. U.a. auch die allgemeine soziale Beratung und die gemeinnützige Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung erfüllen eine wichtige soziale und ökonomische Funktion in unserem Bundesland mit großen sozialen Problemen und einer überdurchschnittlichen Überschuldungssituation privater Haushalte.

Die Anerkennung der tatsächlich entstehenden Kosten ist uns ebenso wichtig wie eine Dynamisierung der Förderung und eine Begrenzung oder gar Streichung von zu erbringenden Eigenanteilen dort, wo keine Einnahmen erzielt werden können. Die Entwicklung und zukunftssichere Aufstellung eines bedarfsgerechten Beratungsnetzes ist auch für uns im sozialen Bereich eine wesentliche Herausforderung für die nächste Wahlperiode.