Einführung der Bezahlkarte für Asylsuchende kritisch begleiten
Zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete im Land erklärt die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Steffi Pulz-Debler:
„Mit der bevorstehenden Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern setzt sich der bundesweite Trend fort, der auf einer vermeintlichen Modernisierung des Zahlungssystems basiert. Trotz der Vorteile einer bargeldlosen Bezahlung gibt es erhebliche Bedenken, die durch aktuelle Entwicklungen in Hamburg bestätigt wurden.
Das Hamburger Sozialgericht urteilte im Juli 2024, dass die pauschale Obergrenze für Bargeldabhebungen in Höhe von 50 Euro rechtswidrig ist, wenn die persönlichen und örtlichen Umstände der Betroffenen nicht berücksichtigt werden. Eine schutzsuchende Familie hatte gegen diese restriktive Praxis geklagt und Recht bekommen. Das Urteil macht deutlich, dass die pauschale Behandlung von Geflüchteten, wie sie auch in Mecklenburg-Vorpommern offenbar geplant ist, nicht ohne Risiken ist. Unsere Befürchtungen, dass diese Regelungen zu sozialen Härten führen können, haben sich damit bestätigt.
Bereits im Jahr 2012 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Sozialleistungen nicht zur Abschreckung von Geflüchteten missbraucht werden dürfen. Es wurde klargestellt, dass Geflüchtete das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben, welches auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben umfasst. Sozialleistungen sind keine Erziehungsmaßnahmen! Im Sozialrecht ist festgeschrieben, dass bedürftige Menschen eigenverantwortlich wirtschaften und damit die Freiheit besitzen sollen, selbst zu entscheiden, was sie wann brauchen.
Die oft beschworenen Push- und Pull-Faktoren, die suggerieren, dass Menschen aufgrund angeblich hoher Sozialleistungen nach Deutschland kommen, sind wissenschaftlich längst widerlegt und dienen nur dem hetzerischen Bild, dass Asylsuchende hier angeblich umfangreiche Heimatzahlungen leisten. Geldzahlungen an die Familie zu Hause erfolgen in der Regel erst, wenn Menschen hier arbeiten und Geld verdienen. Diese Leier von Geflüchteten als vermeintliche ‚Sozialschmarotzer‘ ist unerträglich, und die Einführung der Bezahlkarte wird nicht dazu führen, dass weniger Menschen zu uns kommen, weil sie aus ihrer Heimat flüchten müssen.
Die Einführung der Bezahlkarte auf Bundesebene, beschlossen durch die Ministerpräsidentenkonferenz im November 2023, hat die realen Bedürfnisse der Geflüchteten nicht ausreichend im Blick und setzt diese zusätzlichen finanziellen und sozialen Belastungen aus. Das Urteil aus Hamburg sollte ein Weckruf sein: Es besteht offenbar Nachbesserungsbedarf bei der Bezahlkarte.
Zwar stellen wir uns in Zeiten der Digitalisierung und des zunehmenden bargeldlosen Bezahlens nicht gegen moderne Technik, jedoch müssen menschenrechtliche Mindeststandards gewährleistet sein, und die Maßnahmen dürfen nicht in Stigmatisierung oder einer Einschränkung des Lebens aufgrund mangelnden Bargelds münden. Die Linksfraktion Mecklenburg-Vorpommern fordert die Landesregierung auf, die Einführung der Bezahlkarte kritisch zu begleiten und sich auf Bundesebene für eine humane und bedarfsgerechte Ausgestaltung der Maßnahmen einzusetzen.“