Rosa Luxemburg – „Dass ich auf die Menschen wie der Blitz wirke“!

Torsten Koplin

Heute, am 5. März 2021, jährt sich der Geburtstag von Rosa Luxemburg zum 150. Mal. Rosa Luxemburg war bis zu ihrem gewaltsamen Tod eine mutige und unermüdliche Kämpferin für eine gerechtere Welt. Im Engagement für Frieden, einen demokratischen Sozialismus und im Kampf um Feminismus ist ihr Vermächtnis, sind ihre Schriften unvermindert aktuell.

„Ich habe das Bedürfnis,“, legt sie 1899 in einem Brief an ihren Lebensgefährten, Leo Jogiches, dar, „so zu schreiben, dass ich auf die Menschen wie der Blitz wirke, sie am Schädel packe, selbstredend nicht durch Pathos, sondern durch die Weite der Sicht, die Macht der Überzeugung und die Kraft des Ausdrucks.“ 

Und in der Tat: Rosa Luxemburg hat für eine sozialistische Gesellschaft gestritten, die ohne Zwang auskommt. Ein Sozialismus, ohne Rechtsstaat, ohne Versammlungsfreiheit, ohne das Recht auf die freie Rede, war für sie undenkbar. Es ging ihr darum, die Menschen zu befähigen, ihre eigenen politischen Interessen zu erkennen. Geschähe das nicht, so Rosa Luxemburg, bestünde die Gefahr, dass die Massen für fremde Ziele missbraucht würden. Dem Einzelnen solle bewusst werden, dass es auf das eigene konsequente Handeln ankomme, um mit anderen organisiert die Gesellschaft so zu verändern, dass diese auf Dauer lebenswert wird.

Von brennender Aktualität für Linke, auch in Mecklenburg-Vorpommern, ist ihre Auseinandersetzung mit der Frage, ob durch eine Revolution oder durch Reformen das angestrebte Ziel der Überwindung kapitalistischer Verhältnisse erreicht werden könne. Erstaunlicherweise werden Schriften von Rosa Luxemburg von Linken durchaus zu Rate gezogen. Ihre Auffassungen zu dieser Frage werden jedoch, wenn nicht übergangen, so doch verzerrt wahrgenommen. Denn sie lehnte beides ab: Revolutionen, die über Leichen gehen und die die Meinung Andersdenkender unterdrückten, ebenso, wie Reformen, die das kapitalistische System nicht grundsätzlich infrage stellen, sondern im Wege einer sogenannten „Stellschrauben-Politik“, diese oder jene Veränderungen und Verbesserungen für die Mehrzahl der Menschen herbeiführen wollten. Ihre Antwort auf die Frage Revolution oder Reformen kann durchaus als Revolutionäre Realpolitik bezeichnet werden. Sie verstand die scheinbar einander ausschließenden Pole, hier radikale Kapitalismuskritik und konkrete Aktionen zur Überwindung des Kapitalismus und da Sozialreformen, um die schlimmsten Härten kapitalistischer Verhältnisse abzufangen, nicht als „Entweder-Oder“ und schon gar nicht als „Sowohl-als-auch“, sondern als ein Wechselverhältnis. Es besteht „Zwischen der Sozialreform“, so schrieb sie ihrer Sozialdemokratie ins Stammbuch, „und der sozialistischen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist.“ Die Tagesaufgabe der Verbesserung der Lage der Arbeitenden und derjenigen die ausgegrenzt und erniedrigt werden, ist demnach keine sozialistische Politik, ein Umstand, der für die mit der Tagespolitik beschäftigten Parlamentarier oft schwierig ist, denn eben dies wird von ihnen häufig erwartet, und doch ist diese reformerische Tagespolitik zugleich Mittel, Element, ja Notwendigkeit, um sich dem Ziel der gesellschaftlichen Umgestaltung mit sozialistischer Perspektive zu nähern. Wie „Eisenfeilspäne im Magnetfeld“ müssten sich reformerische Handlungen am sozialistischen Fernziel ausrichten, schreibt sie. Das Handeln Linker in Parlamenten  müsse immer und überall ein solches sein, das Volk zu beteiligen, und zwar so, als säße es selbst in der Regierung.

Einfach herrlich, wie aktuell und hilfreich, die Gedanken dieser scharfsinnigen und mutigen Frau für uns in heutigen politischen Auseinandersetzungen im Kampf für eine gerechte Gesellschaft, für einen demokratischen Sozialismus sind!